Die Filmkunst hielt schon zum Ende des 19. Jahrhunderts in Dänemark Einzug. Einer der Vorreiter war dabei Peter Elfelt, der bereits bis 1912 mehr als 200 Dokumentationen des Lebens in Dänemark filmisch verwirklicht hatte. Über die Folgejahre bis 1920 spricht man sogar als „goldenes Zeitalter“ des dänischen Films. Doch hat dieser in den letzten Jahrzehnten noch viel mehr an Bedeutung gewonnen. Selbst in der Finanzkrise der späten 2000er-Jahre konnten Filmschaffende aus Dänemark beachtliche Werke hervorbringen. Hier zeigen wir auf, was den dänischen Film im internationalen Vergleich so besonders macht.
Inhaltliche Besonderheiten von international beachteten Filmen
Dänische Filme, die international Beachtung finden, zeichnen sich häufig durch besondere Geschichten und ein für andere Länder ungewöhnlich lebensnahes Schauspiel aus. Selbst in obskuren Geschichten mit eher realitätsfernen Charakteren erwischt man sich dabei, wie man denkt: Wenn es diese Person wirklich gäbe, dann würde sie sich genau so verhalten, wie es hier gezeigt wird! Und noch mehr kommt das bei den realistischen Filmen durch. Dänisches Schauspiel ist nicht immer, aber bei den international erfolgreichen Filmen auf jeden Fall ehrlich, gefühlvoll und leidenschaftlich. Man bekommt mit, dass viele dänische Filmschaffende nicht nur den großspurigen Broterwerb, sondern eine Kunst in ihren Werken sehen.
Kein Genie, sondern ein geniales Team
Spricht man von Genialität im Film, dann meint man meistens einzelne Filmschaffende. Oft werden in diesem Zusammenhang Regisseure wie Quentin Tarantino, Stanley Kubrick oder Steven Spielberg genannt. Bei dänischen Produktionen zeigt sich häufig, dass nicht ein visionärer Kopf hinter Erfolgsfilmen steht, sondern ein besonders gut zusammenarbeitendes Team. Zudem haben am Set nicht nur der Regisseur und die Produzenten das Sagen. Nicht selten kommt es vor, dass von den Kameraleuten über die Schauspieler bis hin zu anderen an der Produktion beteiligten Personen alle einen Vorschlag machen können. Wenn er gut ist und zum Film passt, warum sollte man ihn nicht umsetzen?
Dänische Filme sind nicht „typisch europäisch“
Filmkritiker und Fans der weltweiten Filmkunst ziehen der Machart oder Qualität wegen gern den Vergleich zwischen US-amerikanischen und europäischen Produktionen. Doch der dänische Film findet dabei kaum Platz, denn er kann nicht als typisch europäisch charakterisiert werden. Ein Grund ist der große Bezug auf das eigene Land und dessen Besonderheiten, der nicht zuletzt daher rührt, dass viele Filmprojekte staatlich finanziert sind. Auch in Deutschland gibt es Filmförderungen, meist auf Ebene der Bundesländer. Aber um diese nutzen zu können, beschränken sich Filmemacher oft nur auf die Verortung der Geschichte in das jeweilige Bundesland – mehr Bezug gibt es dann nicht.
Weniger Konkurrenzdenken bei den dänischen Filmschaffenden
Die staatliche Förderung, die nicht von einzelnen Filmstudios oder Sender-Netzwerken abhängt, schafft noch eine weitere Facette, nämlich das Teamdenken zwischen Filmschaffenden sowie gleichen, aber zu verschiedenen Produktionen gehörenden Gewerken. Ein Beispiel ist etwa die Produktionsfirma Zentropa, welche ihre Räumlichkeiten für Postproduktionen (Schnitt, Effekte, etc.) auch Teams aus anderen Unternehmen zur Verfügung stellt. So entsteht ein kollegialer Austausch. Es ist im Grunde so, wie es beim Fußball auch klappen könnte: Die einzelnen Mannschaften schicken ihre besten Spieler in die Nationalmannschaft, damit diese gewinnt. Die besten dänischen Filmschaffenden kommen auf diese Art zusammen und sorgen für eine einzigartige Filmkunst im internationalen Vergleich – für den dänischen Film.
Ein Drehbuch zu schreiben als Kunst begreifen
Unter anderem den vereinten Bemühungen der National Film School of Denmark und dem dänischen Filminstitut ist es zu verdanken, dass schon allein der Schaffung eines Drehbuchs ein großer Wert zugemessen wird. Während man aus Hollywood teils krude Massenware aus der Feder mehrerer aufs Finanzielle schauender Drehbuchautoren bekommt, da ist es in Dänemark oftmals der Regisseur selbst, der das Skript formuliert. Hier spielt also in Idee, Planung und Schaffung eines Films eine einzelne Vision eine Rolle. Dies im Zusammenhang mit der Kooperation am Set sowie dem vorigen Austausch innerhalb der Branche schafft eine großartige Kombination aus Leidenschaft, vielseitigem Können und hohem Qualitätsanspruch. Hier noch mehr zum Thema.
Der bekannteste dänische Schauspieler: Mads Mikkelsen
In einem Bericht über den dänischen Film darf natürlich der Name „Mads Mikkelsen“ nicht zu wenig fallen. Der dänische Schauspieler ist seit 1996 in der darstellenden Kunst vor der Kamera aktiv. Mittlerweile hat er es zum Hollywood-Star geschafft. Mads Mikkelsen war als Bond-Bösewicht aktiv, hat in drei Staffeln den Hannibal gegeben und zwischendurch war er sogar für deutsche Produktionen zu haben. Aber trotzdem bleibt Mads Mikkelsen dem dänischen Film und dem Team, mit dem er schon seit Jahrzehnten arbeitet, treu. Filme wie „Adams Äpfel“, „Dänische Delikatessen“ oder „Men & Chicken“ gehen immer wieder auf die gleichen kreativen Köpfe zurück.
Bekannte Filme mit Mads Mikkelsen (Auszug aus knapp 50 Filmen):
- Pusher, 1996
- Bleeder, 1999
- Blinkende Lichter, 2000
- Dänische Delikatessen, 2003
- King Arthur, 2004
- Adams Äpfel, 2005
- James Bond 007 – Casino Royale, 2006
- Die Tür, 2009
- Men & Chicken, 2015
- Doctor Strange, 2016
- Rogue One; A Star Wars Story, 2017
- Arctic, 2018
- Polar, 2019
- Der Rausch, 2021
- Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse, 2022
Sollte der dänische Film Schule machen?
Das Menschliche und Ortsverbundene des dänischen Films schafft nicht nur einen fruchtbaren Nährboden für Einzigartigkeit, sondern besonders auch für Dramen. Selbst Komödien, etwa die oben hervorgehobenen Filme mit Mads Mikkelsen, haben immer etwas Dramatisches und teilweise auch eine bedrückende Stimmung. Streckenweise fühlt es sich wie eine Konzentration des schwarzen Humors an, den man aus Großbritannien kennt – das Lachen bleibt einem im Hals stecken. Auf Dauer ist das dem deutschen Publikum sicher nicht zuzumuten. Doch hin und wieder sollte der Blick weniger in Richtung Hollywood gehen, lieber nach Norden in Richtung Kopenhagen. Das wäre für den deutschen Film ganz gut.